Auf Grund Arbeitnehmerfreizügigkeit von EU-Bürgern innerhalb der EU können polnische Arbeitnehmer ab dem 01. Mai 2011 ohne arbeitsgenehmigungs- bzw. aufenthaltsrechtlicher Beschränkungen eine Beschäftigung in einem Mitgliedstaat aufnehmen. Polnische Arbeitnehmer haben ab dem 01. Januar 2011 die Möglichkeit mehr als 6 Monate als Saisonarbeitskraft in Deutschland zu arbeiten. Aus dieser Möglichkeit resultieren teilweise andere Voraussetzungen für die Erstellung der Lohnabrechnungen.
Gestaltung von Arbeitsverträgen
Für jede Saisonarbeitskraft ist ein Arbeitsvertrag abzuschließen. Bitte besorgen Sie sich den aktuellen Arbeitsvertrag in der langen Version (polnisch und deutsch) beim Rheinischen Landwirtschaftsverband e.V.. Der Arbeitsvertrag ist vollständig auszufüllen. Wenn ein Nettolohn vereinbart wurde ist dieser, nicht ein Bruttolohn, in den Arbeitsvertrag einzutragen. Der Arbeitnehmer hat anzukreuzen, ob er eine Bescheinigung A1 der ZUS besitzt oder nicht. Da dies als Nachweis jedoch nicht ausreicht wird zusätzlich das Formblatt A1 benötigt. Ohne die Bescheinigung A1 kann nicht nachgewiesen werden, dass in Deutschland keine Sozialversicherungspflicht vorliegt. Somit besteht die Gefahr der Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen der deutschen Krankenkasse bei einer Betriebsprüfung.
Bei der Gestaltung der Arbeitsverträge ist auf folgende Punkte zu achten:
- Die werktägliche Arbeitszeit darf ohne Pausen 8 Stunden nicht überschreiten.
- Die maximale Arbeitszeit pro Woche beträgt 48 Stunden.
- Zulässig ist eine maximale Arbeitszeit von täglich 10 Stunden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen ein Ausgleich der Arbeitszeit auf durchschnittlich 8 Stunden erfolgt.
Außerdem wird für jeden Arbeitnehmer eine Kopie des Personalausweises und das Blatt „Weiter Informationen“ mit den entsprechenden Angaben (Anlage 1) benötigt.
Sozialversicherung
Zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht bzw. Sozialversicherungsfreiheit muss der „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht von den Saisonarbeitskräften“ (Anlage 2) vollständig ausgefüllt mitgebracht werden. Fehlt ein Kreuz, liegt die Nachweispflicht bei einer Sozialversicherungsprüfung beim Arbeitgeber. Der Bogen ist jedes Jahr erneut auszufüllen. Vor allem kurzfristige Beschäftigungen (SV-frei) werden von SV Prüfern ohne vollständig ausgefüllten Fragebogen nicht akzeptiert.
Beschäftigung bis 183 Tage
Bei einer Beschäftigung bis 183 Tage wird weiterhin ein Freibetrag beantragt, wenn die notwendigen Unterlagen über die doppelte Haushaltsführung vorliegen. Zur Anerkennung ist nachzuweisen, dass im Heimatland ein eigener Hausstand besteht. Hierfür ist das Formular „Nachweis der doppelten Haushaltsführung“ (Anlage 3) der Saisonarbeitskraft vor Arbeitsbeginn zuzusenden. Das Formular muss von der Behörde im Heimatland unterschrieben und gestempelt werden. Ohne dieses Formular kann das Finanzamt den Ansatz der Werbungskosten verweigern und somit einen niedrigen oder gar keinen Freibetrag festsetzen. Der Antrag ist vom Arbeitnehmer selber zu unterschreiben. Wird kein Freibetrag beantragt oder dieser vom Finanzamt wegen fehlender Unterlagen verweigert wirkt sich das bei Nettolohnvereinbarungen erheblich auf Ihre Lohnkosten aus. Die Steuerklasse 3 kann bei diesen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern nur beantragt werden, wenn auch die Ehefrau und die Kinder in Deutschland leben, d.h. einen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Wohnsitz haben.
Beschäftigung über 183 Tage
Wenn die Saisonarbeitskraft voraussichtlich länger als 183 Tage bei Ihnen arbeitet, ist sie ab dem ersten Tag unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. In diesem Fall sind die Saisonarbeitskräfte bei der Gemeinde anzumelden, damit sie eine Identifikationsnummer erhalten.
Für diese Anmeldung bei der Gemeinde gibt es zwei Möglichkeiten:
- die Wohnsitzbegründung, die Auswirkungen auf die Müllgebühren hat
- die Aufenthaltsbegründung
Die zweite Möglichkeit der Aufenthaltsbegründung existiert nicht bei jeder Gemeinde. Falls die Aufenthaltsbegründung möglich ist und der Arbeitnehmer keinen eigenen Wohnsitz in Deutschland begründet, ist diese Art der Anmeldung zu wählen.
Mit der erhaltenen Identifikationsnummer muss der Arbeitnehmer beim Wohnsitzfinanzamt eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug beantragen. Ob dies nur persönlich oder auch schriftlich möglich ist, ist vom jeweiligen Finanzamt und Sachbearbeiter abhängig. Sollte die Bescheinigung nicht vorliegen, müssen wir zwingend die Lohnabrechnung für den gesamten Beschäftigungszeitraum mit Steuerklasse 6 abrechnen. Bei Nettolohnvereinbarungen bedeutet diese eine erhebliche Erhöhung der Lohnkosten.
Lehrreicher Blogpost. Interessant, wenn man sowas auch mal aus einem anderen Blickwinkel beschrieben lesen kann.